Ehre sei den Tieren

Am Donnerstag, 9. Juni 2011, 13:15 bis 14:00 Uhr, 3Sat, gab´s die schöne Sendung  „Netz Natur“ mit dem Berufs- Gutmenschen Andreas Moser zu sehen; Titel: Ehre sei den Tieren. Der gesperrte Text war im Vorspann der Sendung zu lesen. Ich habe dann mit dem Text darunter eine Nachricht an 3SAT und Herrn Moser geschrieben. Reaktion natürlich, wie immer, null.

Ehre sei den Tieren 

Ehre und Dank den Tieren – dies war die ursprüngliche Haltung der Indianer Nordamerikas und ihrer Verwandten in den nördlichen Polargebieten, die auf Gedeih und Verderb von der Natur und von Wildtieren lebten – wie auch unsere Vorfahren in Europa vor mehr als 10’000 Jahren. Naturvölker sehen sich nicht als die Herren der Natur, sondern als gleichberechtigte Lebewesen unter vielen anderen. Dieser Respekt kommt in vielen Mythen, Ritualen und in ihrer Kunst zum Ausdruck. NETZ NATUR begibt sich auf eine besondere Spurensuche zu den natürlichen Ursprüngen des Menschen, die auch uns heute wieder zu einem respektvolleren Umgang mit der Natur führen könnten.

Chapeau, ein toller Text. Ach ja, ach ja, Andreas Moser ist einmal mehr gekommen, die Welt zu retten. Das liegt seit Henri Dunant, Gott habe ihn selig, anscheinend in allen Schweizer Genen. Epigenetik pur sozusagen.

Es fängt an mit einer Passage über die Tschuktschen in Ostsibirien:

  • Jagd auf einen Grauwal (140 Stück im Jahr), mit kleinen Lanzen, stundenlanger Todeskampf.
  • Jagd auf Walrosse, ebenso.
  • Jagd auf Robben im Winter mit Netzen am Atemloch, die Tiere werden schlicht ersäuft.

Alles das kommentiert mit tiefem, von oben herab gezeigtem Verständnis: „Sie müssen´s ja, sonst würden sie verhungern, vor allem, sie bitten die erlegten Tiere ja hinterher um Verzeihung, und damit geht das in Ordnung– wir von Netz Natur erlauben es also.“

Dann Schwenk nach Europa: Ein Fuchs, der verschmitzt lächelnd und entspannt in die Kamera schaut, so dass der nicht jagende Betrachter gar nicht anders kann als zu glauben, er nähre sich, frei nach Löns, vom grünen Grase. Kommentar sinngemäß: Und unsere dekadenten „Hobbyjäger“ schießen so etwas tot! Und dann ein wahrhaft vernichtender Hieb, O- Ton: Ganz anders geht es zu bei den „richtigen“ Jägern.

Womit Herr Moser wohl die Tschuktschen meint. Also diejenigen, die er gerade dabei gezeigt hat, wie sie Grauwale, Walrosse und Robben grausam zu Tode quälen auf eine Weise, die er, wenn er so etwas bei dekadenten europäischen Jägern zu sehen bekäme, sofort zum Anlass nehmen würde, einen neuen Weltkrieg vom Zaun zu brechen. Aber den Tschuktschen hat´s Netz Natur ja erlaubt, alles in Ordnung also.

Aber Fuchsmord in Europa!! Allerdings – ob A. Moser, unser aller Retter, wohl weiß, dass die Tschuktschen früher jeden erreichbaren Fuchs in keineswegs sofort tötenden Fallen gefangen haben, um sich in deren warme Felle zu kleiden, und dass sie das nur deswegen nicht mehr tun, weil es viel bequemer ist, diese praktischen Daunenjacken anzuziehen, die die Russen jetzt liefern?

Dann geht es zu den nordamerikanischen Indianern. Demonstration der vollständigen Seelenverwandtschaft, der Häuptling darf sich so richtig loslassen in seinem tiefen Respekt vor Natur und Umwelt. Nur dass das eigentlich nicht so richtig den Tatsachen entspricht.

Die Indianer in Nordamerika, Herr Moser, sind bei weitem nicht so dämlich und realitätsfern, wie bestimmte Leute sie in ihrer grenzenlos weltfremden Verdrängungswut gern hätten. Sie (die Indianer) wissen nur zu gut, dass diese Beweihräucherei völliger Quatsch ist. Sie sind eben auch nur Menschen, nicht diese überhöhten, geborenen á priori- Philosophen, zu denen sie andauernd hochstilisiert werden, und sie wissen aus der eigenen Geschichte, wie z. B. die Anasazi vor 800 Jahren, also lange vor dem Erscheinen der Europäer, im heutigen New Mexico durch Raubbau an der Natur ihre Umwelt großflächig und systematisch zerstört haben. (Gleiches gilt, nur im weit größeren Ausmaß, für die Hochkultur der Maya.) Aber sie haben sich auf Euch eingestellt, weil sie gemerkt haben, dass es in ihrem Kampf um späte Gerechtigkeit richtig gute, vor allem völlig kostenlose Riesen- Publicity bringt, wenn sie Euer idealistisches, schwärmerisch- romantisches Utopia bestmöglich bedienen. Tatsächlich aber halten die meisten von ihnen manche Leute für, Entschuldigung, wenn ich offen rede, völlig bescheuerte Volltrottel, denen man einfach alles erzählen kann. Aber der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel: Gerade die nordamerikanischen Ureinwohner haben nach Jahrhunderten der Unterdrückung und des Völkermordes gelernt, dass sich nichts besser verkauft als die berühmte angebliche Rede des angeblichen Häuptlings Seattle von angeblich 1851. Das kommt an in den Medien. Nur – wahrer wird die Rede auch davon nicht.

Woher ich das weiß? Na ja, ich kenne einige von ihnen, ich habe in Amerika, aber auch in Sibirien schon gejagt mit diesen „richtigen“ Jägern. Die regelmäßig voller Bewunderung waren über die effektive Art unseres europäisch geprägten Jagens, über unsere Ausrüstung, gleichzeitig voller Unverständnis über unsere oft genug gezeigte Selbstbeschränkung, wenn wir, für sie nicht nachvollziehbar, einfach nicht mehr weitermachten, wo sie das unter allen Umständen wollten. Wieso jetzt aufhören? Ist doch genug Wild da, Munition auch, also schießen! Der Himmel ist hoch, Moskau ist weit. Und überhaupt: Wenn wir hier die Bestände runtergeschossen haben, ziehen wir zwanzig Kilometer weiter, da ist wieder genug Wild. Mal ehrlich, ganz unrecht haben sie nicht damit – der Luchs z. B. bejagt sein Revier genau nach diesem Prinzip. Wenn das Wild an dieser Stelle gemerkt hat, was los ist, wird die Jagd mühsam, also zieht man eben weiter zur nächsten. Grenznutzentheorie nennt der Betriebswirtschaftler das.

Ja ja, Herr Moser. Aber es ist so schön, den nichtwissenden Zuschauer mit diesem ahnungsschweren Geraune auf die eigene Linie einzustimmen, sie zu überzeugen davon, dass man die Welt in abgeklärter Weisheit völlig durchdrungen hat und sie nachsichtig- verzichtsvoll von der Warte des Über-allem-Stehens betrachtet.

Wie hat ein kluger Mann es einmal ausgedrückt? „Menschen, die asketisch sind (oder das meinen), empfinden sich fast immer als höherwertig. Sie denken, sie seien klüger als andere und ihnen moralisch überlegen. In unserer Gesellschaft, in der die Klassendifferenzen härter werden, in der viele von Abstiegsängsten erfasst sind, ist das extrem attraktiv. Soziale Distinktion wird wichtiger.“ (Robert Pfaller, Professor für Philosophie, Wien). Und der Philosoph Max Scheler hat den schönen Satz geprägt: „Wir sind umgeben von schönen Dingen, die angeschaut werden von lauter traurigen Menschen, die nichts damit anzufangen wissen.“ Mit traurig meinte er damit nicht den Seelenzustand solcher Menschen, sondern den Eindruck, den sie in ihrer Gefühlsarmut, in ihrer Unfähigkeit, die realen Brüche dieser Welt zu ertragen, auf ihre Umgebung machen.

Was ich Ihnen damit sagen will, Herr Moser: Werden Sie endlich locker und machen Sie sich nicht dauernd lächerlich! In nur einer einzigen Sendung von 45 Minuten so viele Widersprüche krampfhaft nur mit dem Mäntelchen des eigenen unausgegorenen, extrem widersprüchlichen Weltbilds zudecken zu müssen ist auf die Dauer einfach nicht auszuhalten. Gehen Sie jagen, dann wissen Sie, worüber Sie reden! Und Sie müssen ja nicht Tiere so quälen wie die von Ihnen so verständnisinnig gefeierten „richtigen“ Jäger. Es genügt, wenn Sie sie schnell und schmerzlos vom Leben zum Tod befördern, wie Millionen von dekadenten europäischen und nordamerikanischen „Hobbyjägern“ das seit vielen, vielen Jahren tun.

Danach können Sie ja dem Reh auch warmes Wasser über den Äser gießen, wie das die Tschuktschen bei ihren jämmerlich ersäuften Seehunden tun. Sie können dem Bock aber auch den letzten Bissen geben, wie das viele Jäger hier noch tun, und eine kurze Besinnungspause beim Stück machen. Was allerdings, wenn´s der so stilvoll verachtete „Hobbyjäger“ tut, nach Ihrer reinen Lehre eben keine Respektsbekundung gegenüber dem toten Tier ist, sondern nur vorgestriges Getue. Trotzdem, wenn Ihnen danach ist, tun Sie´s einfach – wir „Hobbyjäger“ sind da sehr tolerant. Solange Sie ansonsten die Regeln der Weidgerechtigkeit und die Gesetze einhalten, vor allem keine Tiere quälen wie die „richtigen“ Jäger.

Danach aber sollten Sie sich richtig freuen, vielleicht auch mit Jagdkollegen ein Bier trinken, auch mehrere. Sie glauben gar nicht, wie gut das für die soziale Hygiene ist. Vor allem aber für das ureigene seelische Befinden. Vielleicht sehen wir uns irgendwann einmal bei der Jagd. Ich hoffe nur, dass ich dann nicht in Ihrem Zielfernrohr erscheine……

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

P.S.: Ich bin heute (12.6. 2012) über das antiveganforum zufällig über einen Link gestolpert, der das Thema sehr schön beschreibt, vor allem mal aufzeigt, wie sich die „edlen Wilden“ im Lichte neuerer Forschung darstellen. Wie gesagt, nicht sie selbst haben dieses naive Märchen in die Welt gesetzt, sondern unsere „Öko- Gutmenschen“, nämlich um ihren dekadenten Mitmenschen, vor allem natürlich den Jägern, mal wieder so richtig einen reinzuwürgen. Der Link (unbedingt lesenswert):

http://www.sueddeutsche.de/wissen/umwelt-und-naturschutz-das-maerchen-vom-edlen-wilden-1.1087377

 

 

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