Schlagwortarchiv für: Bambi

.

Jagd = Bambis morden 

oder

Das kann man auch anders sehen ……

.

Ich bin gerade durch Zufall, weiß der Fuchs über welchen Link, im Internet auf einen lesenswerten und erfrischend vernünftigen Artikel der Berliner Filmemacherin Alice Agneskirchner gestoßen, Thema: Jagd in Deutschland. Der datiert zwar schon vom Oktober letzten Jahres, aber man kann ja nicht alles und sofort lesen. Ausgerechnet im „Tagesspiegel“, online (https://www.tagesspiegel.de/kultur/jagd-in-deutschland-killing-bambi/20497700-all.html).

Frau Agneskirchner hat sich, als Nichtjägerin, einmal der Mühe unterzogen und sich über die Jagd informiert, gründlich, wie man dem Artikel entnehmen kann. Sie hat dann ihre Eindrücke und Schlussfolgerungen in diesem Artikel veröffentlicht; die (Mensch-) Jagd kommt dabei ganz ordentlich, vor allem realitätsgetreu weg.

Allerdings stößt man direkt eingangs ihres Artikels auf einen scheinbar unwesentlichen Lapsus: Sie zitiert hier den spanischen Philosophen (und Nichtjäger!) José Ortega y Gasset aus seinem Werk „Meditationen über die Jagd“ wie folgt:

„Der Jäger jagt nicht, um zu töten, sondern um gejagt zu haben.“

Das ist eines der bekanntesten, wenn nicht das bekannteste Zitat aus diesem Buch. Nur stimmt es so nicht ganz bzw. ist unvollständig. Es lautet, da bin ich sicher, obwohl ich das Buch so schnell nicht finde:

„Der Jäger jagt nicht, um zu töten, sondern er tötet, um gejagt zu haben.“

Das ist ein nur vordergründig kleiner Unterschied, denn tatsächlich hat y Gasset das Töten bei der Jagd nicht negiert oder klein geredet. Das wäre auch sinnlos, denn die Jagd ist nun mal in allen Fällen mit dem Tod der oder des Gejagten verbunden, zumindest, wenn sie erfolgreich, also final beendet wurde.

Was er aber getan hat mit dieser Aussage, ist viel wichtiger, weil das vor ihm niemand so knapp auf den Punkt gebracht hat: Er hat die Kausalkette zurechtgerückt, und zwar in die richtige Reihenfolge.

Töten um des Tötens Willen ist ein klar niederes Motiv, egal gegen wen oder was es immer sich richtet; darüber besteht einstimmiger ethischer und gesellschaftlicher Konsens, dementsprechend ist dies normalerweise mit schärfster gesellschaftlicher Zurückweisung gekoppelt. 1)

Die Jagd stand in früheren Zeiten nie zur Debatte, zu tief verankert war das allgemeine Wissen darum, dass es dabei nicht ums Töten ging, sondern dass es sich bei der Jagd nur um eine spezielle Art des Nahrungserwerbs handelt; sie war überall in der Welt, wie jeder sah. Sie, die Jagd bzw. die Jäger wurden bewundert und geachtet, die einen, die Tiere, ob ihrer Schönheit, Eleganz, Wildheit, die anderen wegen ihres Freiheitswillens und ungebundenen Lebensstils, ihrer Souveränität im Beherrschen ihrer Umwelt, ihrer Tücken und Gefahren. Das ist auch heute oft noch so, bei  einigen speziellen Splittergruppierungen allerdings mit der kleinen Einschränkung: Solange es sich nicht um Jagdmenschen handelt.

Denn beim jagenden Menschen, und nur bei dem, setzt bei denen sozusagen reflexartig und unfehlbar die antrainierte Hetze, der Rufmord, die neidgetriebene Verunglimpfung der Jäger ein. Neidgetrieben ist das Ganze meiner tiefen persönlichen Überzeugung nach deshalb, weil sie selbst gern so wären wie die bewunderten Jäger Wolf, Luchs, Bär, Adler, Delfin + Co – und ihre jagenden eigenen Artgenossen. Sie können sich aber nicht aufraffen, wahrscheinlich, weil sie es sich nicht zutrauen, zutiefst verunsichert an und in dieser realen Welt und völlig überfordert mit ihr, wie sie sind. Deshalb immer die perfide Unterstellung, dass das einzige Motiv des jagenden Menschen nur die Lust am Töten sein kann; jeder andere Grund wird empört zurückgewiesen, und wird er von einer noch so großen Mehrheit, von der kompletten Fachwissenschaft mit empirischer Beweisführung unterlegt, angeführt und mit den abstrusesten Argumenten schlicht zur Lüge erklärt. 2)

Ortega y Gasset hat scharfsinnig genau das erkannt und eben die Kausalkette korrigiert. Nach seiner Überzeugung, die wohl alle Jäger teilen, wird das Töten als notwendiges Finale akzeptiert, um den immens vielschichtigen, meist hoch emotional beladenen Vorgang des Jagens zum Abschluss zu bringen. Das eigentliche Töten selbst nimmt auch nur einen winzigen Bruchteil des gesamten Ablaufs einer Jagd ein. Das dürfte anderen Jägern ebenso gehen: Ist der Zweck der Jagd erfüllt, beim Löwen das Sattsein des Rudels als unmittelbare Folge der erfolgreichen Jagd, lassen sie seelenruhig und gelassen Antilopen und andere Beutetiere auf kürzeste Distanz an sich vorüberziehen, ja betrachten sie anscheinend mit einer gewissen Empathie. Die potentiellen Beutetiere wiederum erkennen wohl am Verhalten der Großkatzen, dass sie satt sind, und verhalten sich völlig entspannt, ja fast vertraut gegenüber ihren sonstigen Todfeinden. Was allerdings im Kopf einer kitekat- satten Hauskatze abgeht, die die allein auf Grund ihres Beutetriebs gefangene Maus grausam „totspielt“, sollten uns einmal die Hassprediger selbst erklären. Die meisten von denen halten Katzen und schwören Stein und Bein, dass ihre Minka ein total liebes, hoch soziales, verschmustes Familienmitglied ist, dem man nichts Übles zutrauen kann …..

Kommen wir zum Anfang zurück: Ich gehe davon aus, dass die Autorin hier nur ein wenig nachlässig zitiert hat und nicht im Stil unserer Jagdgegner diese zwei Worte gezielt unterschlagen hat, um dem Zitat die vermeintliche „Schärfe“ zu nehmen.

Denn wir haben diese Methoden nicht nötig, sind wir doch legitimiert in unserem Tun – von der Natur und von der Vernunft. Das gibt einem, finde ich, ein gutes Gefühl als Jäger.

.

Kirchveischede, 8. Juli 2018

.

Manfred Nolting

Ein Jagdmensch

.

.

.

Alice Agneskirchner lebt als Dokumentarfilmerin in Berlin. Ihr Kinofilm „Wem gehört die Natur?“ hatte 2017 auf den Internationalen Filmtagen in Hof seine Uraufführung und ist, wie ich gerade feststelle, schon in den Kinos, seit Anfang Mai wohl. Ich habe ihn noch nicht gesehen, werde das aber tun. Ganz sicher.

.

.

.

1) Allerdings kann man diese Grundhaltung, wenn man bedenken- und skrupellos genug ist, unter bestimmten Umständen auch fehlsteuern oder sogar gänzlich aushebeln, wie man weiß. Die Automatismen sind immer die gleichen und fatal wirkungsvoll und bewährt: Ausgrenzung, gezielte und konzertierte, immer auf gleiche Weise wiederholte Hasskampagnen, Entmenschlichung, anschließend Aggression bis hin zu Brandstiftung, Mord und Totschlag – oder schlicht auch nur stillschweigende Duldung der Exzesse durch die schweigende Mehrheit. Stehen die Brandstifter später vor Gericht, ist sich niemand – auch das bewährt – irgendeiner Schuld bewusst, ja, war immer gegen solche Verbrechen. Dafür gab´s und gibt´s auch immer Zeugen und Zeugnisse. „Persilscheine“ nannte man die in Deutschland nach 1945 – nach einem bekannten Waschmittel …..

.

.

.

2) Es könnte allerdings auch seinen Grund haben in Heinrich Zilles Beobachtung: „Viele Menschen schließen von sich auf andere und berücksichtigen dabei nicht, dass es auch anständige Menschen gibt.“

.

.